auf dach-suche Aus der Bremer Tageszeitung vom 14./15.02.2004 mit freundlicher Unterstützung
Endstation Murks
M. baut bei Bremen. Das schmucke
Eigenheim ist bereits in greifbare Nähe gerückt.
Doch
der Schlaf des Häuslebauers gebiert gar gewaltige Ungeheuer.
Hohl stöhnt es im Hinterkopf: Welches Unterdach ist das
Beste? Lieber auf rustikale
Hartfaserplatten setzen oder die
doppelt so teuren DWD-Platten ordern?
Ratlos wälzt sich
M. hin und her. Kein hilfreiches Orakel weit und breit. Soll er seine
Bekannten mit Fragen löchern, stundenlang am Telefon, mit
heißlaufender Ohrmuschel?
Die haben noch nicht mal einen
Schimmer, dass es sich bei DWD-Platten um Produkte
aus heimischen
Nadelhölzern und geringen Anteilen Laubholz handelt, die nach
DIN 58763
hergestellt werden! Wie sollten sie erst Vor-und
Nachteile abwägen können?
Einfach im Baumarkt
beraten lassen ist auch nicht drin. Die wollen ja möglichst viel
verdienen
und würden sicher in höchsten Tönen von
"formaldehydfreien PUR-Harzen" und "hoher Festigkeit"
schwärmen. Außerdem sollen die ja heimlich Holz aus
illegal abgeholzten sibirischen
Wäldern verticken - kam
zumindest im Fernsehen. Öffentlich-rechtlich sogar.
Der
"Dach-Atlas" von Eberhard Schunck wiederum ist zu teuer: 30
Euro soll der Schmöker kosten.
Und in der Bibliothek ist die
Hausbedeckungs-Bibel wieder mal ausgeliehen. War ja klar.
Also
ab ins Internet. Dort tummeln sich schließlich ausgewiesene
Experten wie der
Dach-Verband "Ziegeldach e.V." -
unschlagbar in der Differenzierung zwischen "Biber-Kronendeckung"
und "Biber-Spließdeckung", gewieft in der
Erklärung von "Reformziegeln", aber wenig
kenntnisreich, was die quälende Unterdachproblematik angeht.
Schon erwägt M., auf die Schaumfolie Delta-Maxx - eine
diffusionsfreie, hochreißfeste
Unterspann- und
Schalungsbahn - auszuweichen, da führt ihn ein glücklicher
Doppelklick
direkt ins Paradies des fortgeschrittenen
Heimwerkertums: "bau.de". Hier werden sie geholfen.
Postwendend ergeht im Forum die Antwort: DWD-Platten seien nur
sinnvoll, wenn eine
einblasbare Wärmedämmung, etwa aus
Zellulosefaserflocken, in Betracht komme. Aha.
Und empfindlich
seien die Dinger auch noch: "Ein falscher Tritt (vor allem bei
Nässe) und
die brechen an der Stoßstelle auseinander.
Nebenbei: Die Delta-Maxx saugt Wasser wie ein Schwamm."
Am
Ende ist die Verwirrung komplett. Ein Trost nur bleibt M., dem
wackeren Eigenheimanwärter.
Sollte er einen dekorativen
Dachschaden erleiden, kann er den immer noch bei "Dachmurks.de"
anbieten, wo Probleme mit bituminösen Dachsperren,
Silikonimplantaten und undichten
Bodenluken in feschen
Bilderserien verewigt werden.
Christoph Kutzer